Haltung und Ernährung

Meerschweinchen gehören neben Kaninchen vor allem bei Kindern zu den beliebtesten Haustieren und werden daher vielfach in der Kleintiersprechstunde vorgestellt. Zu den häufigsten Gesundheitsproblemen dieser kleinen Patienten gehören Magen-Darmbeschwerden und Zahnerkrankungen. Ursachen hierfür sind nicht selten falsche Haltungs- und Ernährungsbedingungen, die durch mangelhafte Aufklärung der Besitzer entstehen. Daher möchten wir Ihnen hiermit einige wertvolle Tipps geben, wie Sie ihr Haustier auf möglichst artgerechte Weise lange gesund und aktiv erhalten können. Die Stammfom unserer Hausmeerschweinchen sind die Gebirgsmeerschweinchen. Diese besiedeln die grasreichen Hochebenen der Anden Südamerikas. Sie leben in bis zu 4200 m (!) Höhe in Familienverbänden von 4 bis 10 Tieren und ernähren sich ausschließlich vom vitamin-C-reichen Steppengras.  

Alle Zähne des Meerschweinchens wachsen zeitlebens (ca. 5-6 mm pro Monat) und sind deshalb auf ständigen Abrieb angewiesen. Eine ausreichende Abnutzung ist nur bei Aufnahme von rohfaserreichem, grobstrukturiertem Futter, d.h. Heu oder Gras gewährleistet. Leider wird heutzutage mangels Fachkenntnis in den Zoogeschäften immer noch eine Vielzahl von Trockenfuttermischungen angeboten. Diese sind aufgrund ihrer Zusammensetzung (hauptsächlich verschieden eingefärbte Getreideflocken und -körner) als Grundfutter für Meerschweinchen völlig ungeeignet, da sie zu energiereich und rohfaserarm sind. Die schmackhaften Körner werden von den Nagern sehr gerne und in großer Menge aufgenommen und nahezu unzerkaut abgeschluckt. Mangels Rohfasergehalt führt dies über kurz oder lang zu Veränderungen der natürlichen Darmflora. Folgen sind Fehlgährungen, chronischer Durchfall und Übergewicht. Andererseits entstehen wegen des fehlenden Zahnabriebs scharfe Spitzen und Kanten an den Backenzähnen, die zu Verletzungen von Mundschleimhaut und Zunge führen oder in vielen Fällen sogar zur Ausbildung eitriger Kieferabszesse. Anzeichen für den Besitzer ist eine verminderte Freßlust oder völlige Futterverweigerung, da die Futteraufnahme nur unter Schmerzen erfolgen kann. Daher muß schnellstens eine Zahnkorrektur durch den Tierarzt vorgenommen werden.  

Beste Vorbeugung ist eine artgerechte und ausgewogene Ernährung, d.h. als Grundfutter -wie bei den Wildformen – Heu und Gras, der Abwechslung halber ergänzt durch Frischfutter wie Kräuter, Löwenzahn, Obst, Gemüse und hin und wieder ein Stück trockenes Brot. Zur Flüssigkeitsaufnahme muß außerdem stets frisches Wasser zur Verfügung stehen. Aus hygienischen Gründen hat sich eine Trinkwasserflasche bewährt, die täglich gesäubert werden muß.  

  • Haltung mehrerer Tiere
    Werden mehrere Meerschweinchen zusammen gehalten, sollten rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen gegen unerwünschten Nachwuchs getroffen werden. Die Trächtigkeit der Meerschweinchen dauert ca. 68 Tage und in der Regel werden 1-4 Junge geboren. Diese kommen, anders als beim Kaninchen, als sogenannte Nestflüchter zur Welt. Sie besitzen bereits alle Zähne, sind in der Lage selbstständig Nahrung aufzunehmen und können daher bereits im Alter von 2 Wochen vom Muttertier abgesetzt werden. Dies ist insofern von Bedeutung, da weibliche Tiere bereits im Alter von 3-4 Wochen (!) geschlechtsreif werden. So kommt es nicht selten vor, daß in den in Zoohandlungen weibliche Jungtiere bereits von Vatertieren gedeckt worden sind und der nichtsahnende Neubesitzer mehr als ein Meerschweinchen mit nach hause nimmt. Männliche Meerschweinchen werden im dritten Monat geschlechtsreif. Eine Kastration wird in erster Linie zur Vermeidung von unerwünschtem Nachwuchs notwendig, bzw. bei gesteigerter Aggressivität unter gemeinsam gehaltenen Tieren gleichen Geschlechts. Erwähnenswert hierbei ist, daß kastrierte Meerschweinchenböcke noch bis zu 6 Wochen nach erfolgter Operation zeugungsfähig sind!
  • Unterbringung
    Hör-, Seh- und Geruchssinn der Meerschweinchen sind sehr ausgeprägt, was bei der Auswahl des Käfigstandortes Berücksichtigung finden sollte. In Räumen mit Radios, Fernseher haben sie daher ebenso schlechte Lebensbedingungen wie in schlecht gelüfteten, überheizten Räumen. Vorallem bei Fußbodenheizung sollte der Tierkäfig nicht direkt auf dem Boden stehen, da es zu einer starken Verdunstung von Urin kommt, dessen ammonikhaltige Dämpfe vom Meerschweinchen ständig eingeatmet werden. Folgen sind chronische Atemwegserkrankungen. Meerschweinchen sind sehr robust, sodass sie in unseren Breiten ganzjährig draussen gehalten werden können. Wichtig ist, dass ihnen dabei im Sommer ein Schutz vor übermäßiger Sonne und im Winter ein zugfreier Unterschlupf zur Verfügung steht. Die gemeinsame Haltung mit Kaninchen ist nicht unbedingt empfehlenswert, da Kaninchen häufig sehr dominant und aggressiv sind und die Verständigung sowie das Sozialverhalten der zwei Tierarten sehr unterschiedlich ausfallen. Es ist etwa der Situation vergleichbar, als ob ein Mensch mit einem Schimpansen im Büro arbeiten muss.